Die Geburtswehen „unserer“ Gotthard-Modellbahnanlage begannen anfangs 1957. Den Anstoss gab damals die SBB-Generaldirektion, federführend war Paul Winter, ein Gründungsmitglied der EMBL, mit ihrer Anfrage an die Eisenbahn- und Modellbaufreunde Luzern (EMBL) zwecks Erstellung dieser Anlage. Der Klub stimmte damals mit gemischten Gefühlen zu. Auf der einen Seite standen einige Mitglieder zur Seite, die bei der SBB wichtigen Funktionen inne hatten. Diese verschafften die wichtigen Unterlagen für den Bau und sorgten sicher auch für die nötige Motivation. Die oben erwähnte Direktion versprach zudem eine Reise nach Hamburg oder München. (Es wurde aber nur eine Fahrt ins Blaue mit dem Roten Pfeil.) Auf der anderen Seite sahen die Mitglieder auch den riesigen Aufwand und die knappe Zeit, die Anlage musste ja in etwas mehr als zwei Jahren fertig sein.
Den Anlageplan und die Detailpläne verfasste Heinrich Wehrle, nachfolgend neu gezeichnet von Albert Meyer.
Die Anlage hat eine Grösse von 5.73 x 12.86 m und ist in der Nenngrösse H0 gebaut. Die Stecke beginnt mit dem Bahnhof Erstfeld und endet mit dem Naxberg-Tunnel. Alle wichtigen Bauten, wie Brücken, Lawinengalerien usw. sind vorhanden. Ferner zeigt das Modell auch die Station Wassen und die Haltestelle Intschi, während die Stationen Amsteg und Gurtnellen aus Platzgründen fehlen. Damit die maximale Originalsteigung von 26 ‰ nicht überschritten werden muss, sind die Kehrtunnels als Zweier-Wendel ausgeführt, was neben der Schonung der Lokomotiven noch den Vorteil hat, dass Züge in ihrer ganzen Länge im Tunnel verschwinden. Die Anlage besitzt im ganzen zwölf Tunnels. Der kleinste Gleisradius ist 70 cm. Die Bahn steigt vom Bahnhof Erstfeld bis zum Naxbergtunnel auf eine Höhe von ca. 1.50 m. Im Berginnern verbirgt sich genau soviel Gleislänge für die Rückfahrt nach Erstfeld. Die Gesamtlänge der verbauten Gleise beträgt etwas mehr als 330 m.
Baugeschichte
In einem Lagerraum im Gotthardhaus (ehemaliges SBB-Verwaltungsgebäude in Luzern) wurden die ersten Teile hergestellt. Nach etwa fünf Monaten im August 1958 konnte ins VHS gezügelt werden: das Dach der Eingangspartie war fertig. Rund um die zukünftige Anlage wurde nun ein Werkraum aufgestellt, so konnte im Innern die Anlage ungestört auf- und weitergebaut werden. Bis zur Eröffnung des VHS am 1. Juli 1959 investierten gute zwei Dutzend EMBL – Mitglieder rund 30’000 Stunden Freizeitarbeit in diese Anlage. Man darf sicher von einer Bravourleistung dieser Männer sprechen, hatten sie doch in dieser kurzen Zeit praktisch alles auf dieser Anlage bis ins kleinste Detail selbst erbauen müssen.
Konstruktion
Die Trasse wurde auf einem U-förmigen Holzrost von 50 cm Quadraten aufgebaut. Betrachtet man die Konstruktion und besonders die Bauweise der Wendel, muss man sich vor den Erbauern vor über 50 Jahren für ihre Innovationen verneigen.
Fahrbetrieb
Im begehbaren Berginnern befindet sich ein kleiner Schattenbahnhof. Dieser wird aber heute nur zur Revision und zur Neubestückung von Zügen benutzt. Eine digitale Industriesteuerung von Siemens überwacht die Zugfolge im Bahnhof Erstfeld und die Fahrzeit der Züge. Sie übergibt auch eine Meldung bei einer Störung an das Wartungspersonal. Die Streckenblöcke werden immer noch mit Reedkontakten und Relais gesteuert und erlauben je fünf Züge in einer Richtung, wobei zwei immer im Bahnhof Erstfeld zu stehen kommen. Die Fahrzeit beträgt etwa 6 Minuten.
Die erste Zeit konnte der Bahnhof Erstfeld mit einem Integra-Stellwerk, eigens für diese Anlage gebaut, in sämtlichen Funktionen gesteuert werden. Die Züge fuhren mit Wechselstrom. In der Gleismitte wurden im Abstand von zwei Schwellen Messingnägel als Mittelleiter eingeschlagen, die für Fahrstrom der Dampflokomotiven und zur Wagenbeleuchtung vorgesehen waren. Da der Mittelleiter im Berginnern nie fertig gebaut wurde, können Dampflokomotiven nur mit einer Elektrolokomotive zusammen fahren. Das Stellwerk wurde im Zuge einer Gesamtüberholung der Anlage rückgebaut. Alle Weichen und Kreuzungen wurden fest verlötet. Sämtliche Lokomotiven sind heute digital gesteuert. Diese Massnahmen und die Übernahme der Betreuung durch EMBL-Mitglieder haben zu einer wesentlich besseren Betriebssicherheit geführt.
Die Fahrleitung
Diese war zur damaligen Zeit eine Meisterleistung. Wohlverstanden der Fahrdraht dient als Leiter, er ist wie im Original abgespannt und im Zickzack verlegt, er ist also keine Zierde. Sämtliche hiefür benötigten Teile wurden selbst hergestellt. Um die Betriebssicherheit zu gewährleisten musste im Jahre 1999 einzig der Fahrdraht aus reinem Kupfer durch Berylliumbronzedraht ersetzt werden. Die Anlage war in dieser Zeit immer funktionsfähig. Diese Arbeit leisteten wiederum EMBL-Mitglieder: Daniel Danner und Roger Rieker.
Das Gelände
„Die Grundlage für die Geländegestaltung bildeten Landkarten, sowie einige hundert Fotografien. Grossen Wert legten wir auf eine möglichst wirklichkeitsnahe Nachbildung des grossen Vorbildes.“ so schrieb damals Günther Mächler.
Zuerst wurde ein solides, der zukünftigen Geländeform angepasstes, selbsttragendes Holzgerüst aufgebaut. Darüber wurde ein feinmaschiges Gitternetz gezogen und vorgeformt. Dieses wurde mit Stoffstreifen überzogen und mit einem Gips-Leimgemisch eingestrichen. Zusätzlicher Gips diente für die Feinarbeiten. Zur ersten Farbgebung benutzte man die Spritzpistole und den letzten Schliff gab Heirich Wehrle mit dem Pinsel. Begrünt wurde mit Moos.
Zur Bearbeitung des Geländes wurden eigens Stützrohre in die Anlage eingebaut. Das Arbeitsgerüst konnte so nur eingesteckt werden. Heute wird dieses Unterfangen mit einer speziellen Einrichtung, von den EMBL-Mitgliedern Walter und Stefan Fuchs gebaut, verwendet. Das Gelände kann auch betreten werden: bei einigen Häusern und Wiesen ist der Unterbau trittfest.
Die Anlage heute
Seit 2007 steht die Anlage beinahe jungfräulich aufgeputzt am neuen Ort in sauberer Höhenluft. Stets wird sie ausgeschmückt mit weiteren Bäumen, Fahrzeugen oder Kleinigkeiten wie Briefkästen an den Bahnhöfen, die die zunehmende „Bevölkerung“ nutzen kann. Betreut wird die Anlage seit einigen Jahren unermüdlich durch die beiden EMBL-Mitglieder Albert Meyer und Georges Rieker.
Auch das Rollmaterial wird ergänzt und ersetzt, denn die Fahrzeuge haben manche 1000 km hinter sich. So hat z.B. die Re 6/6 11672 seit der Inbetriebnahme am 01.03.2001 eine Strecke von über 2000 km zurück gelegt. Weitere „Kilometermillionäre“ mit über 1000 km sind die Re 6/6 11683, die beiden Re 6/6 Murgenthal und Pfannenstiel, die Re 460 VHS, Pro Infirmis, Mobility, Simplon Alptransit und Agfa. Alle diese HAG-Loks sind in einem erstaunlich guten Zustand. Einzig die Stromabnehmer werden ordentlich abgeschliffen, obwohl diese von SILBAG, Luzern, speziell gehärtet und versilbert werden.
Auch die Achslager einzelner Personenwagen zeigen Verschleisserscheinungen. Hingegen hat sich der Kunststoff sehr gut bewährt, welcher die Firma Roco bei ihren Wagen verwendet.
Das Rollmaterial wurde von diversen Firmen gesponsert.
Bewegte Bilder
Auf unserem YouTube Kanal haben wir eine Playlist schöner Videos von verschiedenen YouTube Nutzern zusammengestellt:
Filmwochenschau Eröffnung VHS
Quellen
- Textquellen: Archiv der EMBL und die im Text erwähnten Mitglieder der EMBL
- Bildquellen: Archiv EMBL
- Siehe auch Eisenbahn Amateur: 1957; 2002 S. 646 – 653; 2005 S. 560 – 561; 2007 S. 163 und 276